Z! im Interview mit Aise Zeybek von WALTER FRIES Consulting


Aise Zeybek berichtet über ihre Reiseerfahrungen ins Silicon Valley, was dort anders läuft, worüber man staunen und was unsere Region davon lernen kann.

Frau Zeybek, Sie waren jüngst auf einer Innovationsreise ins Silicon Valley. Das Ziel der Reise spricht in Zeiten von KI für sich. Wer hat die Reise organisiert und mit welcher Motivation sind Sie gestartet?
Die Reise wurde von tempus- & Büro-Kaizen organisiert. Ich kenne das Team, weil ich dort eine Zertifizierung als Strategieberaterin nach der TEMP-Methode gemacht habe. Wir waren insgesamt etwa 25 Teilnehmende: zur Hälfte aus dem Tempus/Kaizen-Umfeld, die andere Hälfte Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Führungskräfte und Consultants aus ganz Deutschland. Mein persönliches Ziel: Raus aus der Komfortzone, verstehen, was auf uns zukommt – für Deutschland, unsere Region und den Mittelstand. 

Was war Ihr erster Eindruck vor Ort?
Es hat sich wirklich wie eine Zeitreise angefühlt. Dinge, die man sonst im Science-Fiction Film sieht, sind dort schon Realität. Schon der Start in Las Vegas war eindrücklich: Wir waren bei Boxable, die faltbare Häuser in Serie fertigen, und in der Sphere, dem gigantischen 360-Grad-Erlebnisraum. Danach ging es direkt weiter nach San Francisco: Google, Apple, OpenAI, Zoom, dazu die dort ansässigen Universitäten Berkeley und Stanford. Die Woche war von morgens bis abends durchgetaktet – Highlights im Minutentakt.

Was hat Sie am meisten beeindruckt?
Die Menschen. Sie denken nicht nur groß, sondern sie setzen konsequent um. Dieses „Einfach machen“ ist kein Spruch, sondern Haltung. Dieses Mindset kommt mir sehr entgegen, deshalb hat mich die Energie dort sofort gepackt.

Ein Blick zu Google & Co. – was haben Sie aus den Besuchen mitgenommen?
Bei den Big Playern gab es spannende neue Tools (einige noch nicht öffentlich), aber entscheidender waren die Aussagen in den Keynotes: KI kann rechnen, analysieren, simulieren – hat aber keine Empathie und kann kein wertbasiertes Urteil fällen. Menschliche Intelligenz entscheidet, was sinnvoll ist. Tools können morgen veraltet sein, Haltungen und Prinzipien bleiben.

Was unterscheidet die Innovationskultur im Valley von der in Deutschland bzw. Europa?
Zwei Dinge: Machen und Teilen. Wissen wird nicht gehortet, sondern großzügig geteilt – inklusive möglichen Fehlern und Learnings. Genau das beschleunigt Umsetzung. Bei uns spüre ich häufiger Silo- und Konkurrenzdenken. Dort entsteht Tempo durch offenen Austausch.

Apropos Offenheit: Wie offen waren die Unternehmen gegenüber Gästen – und wo waren die Grenzen?
Wir waren meist in Visitor Centern mit hervorragender Betreuung, oft durch Geschäftsführung oder Gründer selbst. Natürlich bleiben geheime Inhalte geheim. Aber erstaunlich viel wurde transparent: Storys hinter Innovationen, Rückschläge, Lerneffekte, grobe Geschäftsmodell-Logiken und Einschätzungen zur KI-Zukunft. Besonders wichtig war der Punkt: Fehler sind kein Makel, sondern die Basis, besser zu werden. 

Wie wird über Ethik, Verantwortung und Risiken von KI gesprochen?
Die Bias-Frage ist sehr präsent. Ein Beispiel: Bild- oder Textmodelle, die ungewollt Stereotype reproduzieren. Daran wird aktiv gearbeitet – durch Daten- und Prozessverbesserungen. In den USA ist Regulierung natürlich anders aufgesetzt als in Europa. Ich bin da nicht tief im Thema, aber mein Eindruck ist, dass Europa eher streng reguliert, während die USA pragmatischer an die Dinge herangehen. 

Welche Impulse nehmen Sie für Ihre Arbeit bei WALTER FRIES Consulting mit?
Wir arbeiten bereits mit KI-Agenten in Meetings: automatische Mitschriften, Zusammenfassungen, To-Do-Listen – eine Art digitale Assistenz, die den Überblick hält, auch über Wochen hinweg. Außerdem sehe ich viel Potenzial für uns und andere in geschützten Unternehmens-GPTs: also KI-Nutzung in einer abgeschotteten Umgebung, damit Daten sicher bleiben und Wissen trotzdem nutzbar wird. Wir sind da offen und werden uns sicher weiterentwickeln. Es ist uns wichtig, KI-Tools und New-Work-Methoden aktiv selbst zu nutzen, um Innovationen für unsere Mandanten pragmatisch umsetzbar zu machen.

Welche Learnings möchten Sie mit dem hiesigen Mittelstand teilen?
Mir ist wichtig zu vermitteln, dass man keine Angst vor KI haben sollte. Es gibt so viele faszinierende Ansätze. Innovation beginnt, wo man staunt und ausprobiert. Es ist sinnvoll klein anzufangen, Tools zu testen, konsequent weiter zu lernen. Wichtig ist, heute zu starten – nicht erst, wenn alles geklärt ist.

Wie blicken Sie auf Produktivität, Fachkräftemangel und Jobs?
KI kann Komplexität reduzieren und Routine entlasten – damit Menschen mehr Zeit haben für klares Denken und bessere Entscheidungen. Aufgabenprofile werden sich wohl verändern. Das heißt aber nicht automatisch einen Stellenabbau, sondern oft eine passende Umschichtung: Das heißt, Bereitschaft zur Weiterbildung, Rollen neu zuschneiden, Stärken nutzen. Angesichts des Fachkräftemangels ist das eher Chance als Bedrohung für Unternehmen.

Welcher Mehrwert ist aus der Reisegruppe entstanden?
Die Eindrücke in den besuchten Unternehmen konnten wir jeweils gemeinsam in der Gruppe reflektieren. Das war wertvoll und somit ein echter Mehrwert der Reise. Wir haben eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet, teilen Erfahrungen, Tipps und Tools und wollen uns wieder treffen. Dieses offene Teilen erzeugt Dynamik – genau das, was im Silicon Valley gelebt wird und was ich mir für unsere Region wünsche. Das passt auch zur Philosophie bei WALTER FRIES Consulting, wo zum Nutzen der Mandanten auch die Entwicklung der Beraterinnen und Berater durch überregionalen und internationalen Erfahrungsaustausch gefördert wird. Dafür bin ich sehr dankbar. 

Ihr persönliches Fazit? 
Mitgestalten statt gestaltet werden. Daher einfach anfangen! 

Vielen Dank, Frau Zeybek, für die lebendigen Eindrücke Ihrer Reise ins Silicon Valley. 

Das Interview führte Katja Leimeister, approdos consulting

Stationen / Impressionen der Reise:

links von oben nach unten: The Sphere in Las Vegas – das größte kugelförmige Gebäude der Welt. | Mitten in San Francisco gehört das selbstfahrende Auto  Waymo bereits zum Alltag. | Vorlesung von Michael Barry an der Standford University

mitte unten: Bei BOXABLE in Las Vegas

rechts von oben nach unten: Skyline von Silicon Valley | Bei Google in San Francisco | bei ZOOM – Vorstellung neuer Tools


Kontakt

Aise Zeybek
Walter Fries Consulting
a.zeybek@walterfries.de
www.walterfries.de