Qualifizierte Beschäftigte als TransformationsgestalterInnen

Qualifizierung in der digitalen Arbeitswelt erfordert eine lebenslange und mitarbeiterindividuelle  Weiterentwicklung von prozessbezogenen Handlungskompetenzen unter Berücksichtigung von Mensch, Organisation und Technologie. Beschäftigte sind dabei InnovatorInnen.

Sie entwickeln Produkte und Dienstleistungen, sie optimieren Systeme und nutzen neue Technologien.  Ohne ihre Kompetenzen, ihre kreativen Ideen, ihre Motivation, sie zu realisieren, ist ein Unternehmen nicht innovationsfähig. Menschen sind die Träger von Innovation, sie sorgen für die ständige Erneuerung von Wissen und Technologie. Die Entfaltung und Nutzung der Fähigkeiten der Beschäftigten, ist Garant für den Unternehmenserfolg.  Grundlage dafür ist eine qualifizierte Ausbildung im Dualen System. Damit die Beschäftigten  InnovatorInnen bleiben, müssen sie ihre beruflichen Qualifikationen aufrechterhalten und weiterentwickeln können.

 

Mit Blick auf die Transformation besteht jedoch häufig Unsicherheit, welche Qualifikationen in Zukunft genau gebraucht werden. Um dieser Unsicherheit zu begegnen, sind ein kontinuierliches Kompetenz-Monitoring zu den sich ändernden Anforderungen in allen Berufsfeldern auszubauen und Weiterbildungsangebote für die Beschäftigten weiterzuentwickeln. Um das sicherzustellen, braucht es eine strategische Personalplanung der Betriebe und mehr Mitbestimmung der Betriebs- und Personalräte beim Thema Weiterbildung, Personalplanung, -entwicklung und -bemessung. 

 

Der Weiterbildungsverbund am Bayerischen Untermain kann dabei Beschäftigte als auch Personalabteilungen und Betriebe mit Beratung und Förderung durch gezielte Qualifizierung strategisch  und operativ unterstützen. Die gemeinsame Entwicklung eines Lehrgangs für Chief Qualification Manager (betriebliche Weiterbildungsbeauftragte) kann dabei ein konkretes Projekt aus der Region sein. 

 

Weiterbildungsdruck in Zeiten von Krisen Die vielen Krisen haben zu Verwerfungen in der Wirtschaftsregion geführt. Mit Hilfe der Beitragsgelder der Sozialpartner und Steuergeldern konnte die Krise abgefedert und zehntausende Beschäftigungsverhältnisse gesichert und etliche Betriebe in der Region gestützt werden. Allein am Bayerischen Untermain sind seit Ausbruch der Pandemie rund 130 Millionen Euro an Kurzarbeitergeld geflossen.

 

Die Folgen globaler Krisen, rasant steigende Energiepreise, endliche Ressourcen, Dekarbonisierung der Industrie, unterbrochene Lieferketten, aber auch der hohe Fachkräftebedarf und Produktivitätssteigerungen, bedingt durch den Einsatz neuer Technologien und Organisationskonzepte,  führen zu einem neuen Rationalisierungs- und Ökonomisierungsschub. In Folge müssen Beschäftigte

„Alles“ tun können oder Tätigkeiten fallen schnell weg. Was neu entsteht, dauert, muss erst entwickelt werden. Die Frage in diesem Kontext lautet: Qualifiziert man hin zu einer Tätigkeit oder qualifiziert man weg von einer Tätigkeit? Daher stehen Unternehmen vor komplexen Herausforderungen, die sehr unterschiedlich sein können. Ausgangspunkt ist aber immer eine Strategiekrise, die Geschäftsmodelle, Produkte und Prozesse unrentabel werden lässt. Ohne Unternehmensstrategie kann keine strategische

Weiterbildungs- und Qualifizierungsplanung entwickelt werden. Daher braucht es beim Thema

„Qualifizierung im Betrieb“ gute Kommunikation und aktive Beteiligung von Betriebsräten und  gewerkschaftlichen Vertrauensleuten. Bei Linde MH in Aschaffenburg gibt es beispielsweise ein

MentorInnen Programm, bei dem kollegiale Beratung im Zentrum steht.

 

Wer muss Weiterbildung in die Hand nehmen?

Qualifizierung muss zur „Chef-Sache“ mit Berichtspflichterstattung im Betrieb werden. Personalabteilungen müssen aktiv erfassen, welcher Schatz an Fähigkeiten und Qualifikationen in der Belegschaft bereits existiert. Nur gemeinsam kann der Transformationsprozess und der Strukturwandel so gestaltet werden, dass Arbeitsplätze in einer prosperierenden Wirtschaftsregion Bayerischer Untermain nachhaltig gesichert werden. Ökologisches Gleichgewicht und soziale Verträglichkeit definieren die Spielräume von Wachstum. Netzwerke, in die jeder Partner seine Kompetenzen auf  Augenhöhe  einbringen kann, sind der Dreh- und Angelpunkt für eine erfolgreiche, beteiligungsorientierte und somit nachhaltige Arbeit in der Region. Diese Netzwerke sollten von einer unabhängigen Stelle dauerhaft mit Personal- und Finanzressourcen koordiniert, begleitet, unterstützt und weiterentwickelt werden. Dabei sollten branchen- und fachspezifische Arbeitsgruppen (Industrie/Logistik/Dienstleistung/Gesundheit) mit konkreten Fragestellungen eingerichtet werden, die passgenaue Vorschläge für die operative Ebene entwickeln.

 

Ganzheitlicher Blick auf Weiterbildung nötig

Weiterbildung ist der entscheidende Schlüssel, um die Veränderungen in der Arbeitswelt (Digitale  Transformation) aktiv und im Sinne der Beschäftigten zu gestalten. Weiterbildung ist nicht nur als Kosten-Nutzen-Faktor zu verstehen, sondern ganzheitlich. Die Idee, gemeinsam ein Anforderungsprofil und einen Lehrgang für regionale Chief Qualification Manager (betriebliche Weiterbildungsbeauftragte) für die Betriebe zu entwickeln, liegt auf dem Tisch. Doch wie schafft man es, die Beschäftigten für Weiterbildung zu begeistern und Vertrauen aufzubauen? Wie gelingt es, die Beschäftigten zielgerichtet zu unterstützen

und ein Screening der Qualifikationen in den Betrieben umzusetzen? Wie erfolgt der konkrete  Wissenstransfer?

 

All diese Fragen könnten in bei der Entwicklung eines Lehrgangs zum Chief Qualifikation Manager  einfließen. Als Gewerkschaften werden wir dieses Projekt in der Planung und Umsetzung gerne unterstützen.

 

Quellen/weitere Informationen:

  • „Innovation und Beschäftigung – Mitgestalten der Zukunft“, Arbeitspapier 81, Hans-Boeckler Stiftung, Regine Rundnagel
  • „DGB Transformationscharta“ https://www.dgb.de/-/btO

Kontakt

Björn Wortmann

DGB Aschaffenburg-Miltenberg

bjoern.wortmann@dgb.de

 

Percy Scheidler

IG Metall Aschaffenburg

percy.scheidler@igmetall.de