Von der Biomasse zu biobasierten Kunststoffbeschichtungen

Heute werden frische Lebensmittel und Fertiggerichte häufig in Verpackungen verkauft,
die hauptsächlich aus Kunststoff bestehen. Die hygienischen Bedingungen, die lange
Haltbarkeit und die leichte Verfügbarkeit dieser verpackten Produkte tragen zu unserem
Lebensstandard, aber aufgrund der Verpackung in erheblichem Maß zur Umweltverschmutzung bei.

 

Mittlerweile findet in Gesellschaft, Industrie und Politik ein Umdenken statt. Fossile Rohstoffe sollen
vermehrt durch eine bio-basierte Wertschöpfung abgelöst werden – ein Konzept der Bioökonomie.
Der Vorteil: Bei einem bio-basierten Produkt stammt das bei der Kompostierung (oder Verbrennung)
freiwerdende CO2 aus der Atmosphäre, aus der es beim Aufwachsen der Pflanzen gewonnen wurde.
Dies trägt zu einem besseren CO2-Fußabdruck bei Ökobilanzierungen im Vergleich zu Polymeren auf
fossiler Basis bei, wobei die Nutzung von biogenen Reststoffen besonders günstig ist, da der Ressourcenverbrauch für den landwirtschaftlichen Anbau und die damit verbundene CO2-Freisetzung entfällt. Gemeinsam mit Unternehmen und anderen FuE-Einrichtungen forscht das Fraunhofer IWKS daher an der Entwicklung neuartiger bio-basierter Rohstoffe.

 

Biologisch abbaubare Verpackungsmaterialien sind seit vielen Jahrzehnten auf dem Markt und ihr
Marktanteil wächst stetig. Es gibt jedoch Einschränkungen, die ihre breite Anwendung in Lebensmittelverpackungen verhindern, da diese Materialien nicht die gewünschten Eigenschaften aufweisen, wie z. B. eine ausreichende Barriere gegen Wasserdampf oder Sauerstoff. Im von der EU geförderten Projekt HyperBioCoat, an dem das Fraunhofer IWKS maßgeblich beteiligt war, wurden Barriere-Beschichtungen für biologisch abbaubare Verpackungsmaterialien verbessert. Erstmals wurden dazu Biopolymere aus der in biogenen Reststoffen sehr häufigen Stoffgruppe der Hemicellulosen als Binder in Barrierelacken genutzt.

Verpackungen aus Fruchtrückständen
Die Hemicellulosen wurden mithilfe einer Pilotanlage aus faserhaltigem Pflanzenmaterial (Lignocellulose) extrahiert. Hierzu testeten die Forscher verschiedene Fruchtrückstände aus der Lebensmittelindustrie als Rohstoffquelle und entwickelten eine kostengünstige und  ressourcenschonende Extraktion für  entpektinisierten Apfeltrester. Im Prozess wurden Extraktion und partielle Hydrolyse kombiniert.

 

Ein großer Vorteil des Apfeltresters als Ausgangsstoff liegt in seiner ausreichenden Verfügbarkeit. Als
Reststoff der Lebensmittelindustrie steht er zudem nicht in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion. Aus
chemischer Sicht eignen sich die extrahierte Hemicellulosen durch ihre vielfache Verzweigung gut als
Binder in Barriere-Beschichtungen. Um die Lackverträglichkeit der Apfeltrester-Hemicellulosen zu
erhöhen, hat das Fraunhofer IWKS ein einstufiges chemisches Modifikationsverfahren entwickelt, das
sich industriell skalieren lässt.

 

Im Projekt wurden einerseits Barriere-Beschichtungen für eine Reihe von Verpackungsmaterialien, zu
denen auch bio-basierte Polyolefine zählten, entwickelt, gleichzeitig verbesserten die industriellen Partner
ihre bestehenden bio-basierten Verpackungsmaterialien. So wurde für Kosmetikflaschen auf Basis
von faserverstärktem Naturwachs die Fertigung im Industriemaßstab etabliert. Begonnen hatte der Unternehmer Claus Stefanski mit der Herstellung von Prototypen für ein führendes Luxus-Bio-Resort in
Spanien, indem er ein einfaches Gießverfahren mit Silikonformen eingesetzt hatte. Der Vorteil der von ihm genutzten Rohstoffe ist, dass sie nicht mit der Tierfutter- oder Lebensmittelproduktion konkurrieren,
zu 100 % frei von Kunststoff und Mikroplastik, recycelbar, abbaubar und biokompatibel sind.

 

Ein wichtiges Ziel von HyperBioCoat war es, die mit der Polymerproduktion verbundenen CO2-Emissionen
im Vergleich zu herkömmlichen Produkten um 20 % zu senken und einen konkurrenzfähigen Polymerpreis
zu erzielen. Bei der Herstellung im industriellen Maßstab wird das Preis-Niveau handelsüblicher Stärke- und Cellulosederivate erreicht werden. Der italienische Partner ARCHA hat die Kompostierbarkeit für verschiedene Verpackungsmaterialien von HyperBioCoat bestätigt. Das Projekt konnte erfolgreich zeigen, wie eine neue auf biogenen Reststoffen basierende und biologisch abbaubare Polymerbeschichtung im industriellen Maßstab hergestellt und angewendet werden kann. Die Forscher des Fraunhofer IWKS haben nicht nur den Einsatz der Hemicellulosen in Barriere-Beschichtungen im Blick, sondern streben auch eine breite Verwendung der Polymere in Farben, Lacken, Drucktinten und in der Baustoffchemie an.

Ansprechpartnerin

Jennifer Oborny
Fraunhofer IWKS
Brentanostraße 2a
63755 Alzenau
06023 32039-803
jennifer.oborny@iwks.fraunhofer.de
www.iwks.fraunhofer.de


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