Eine Delphi-basierte Einschätzung zu einigen ökologischen Nutzwerten von Internetanwendungen

Die laufende öffentliche Diskussion fragt zu Recht nach Aspekten der Ökologie der Internetwirtschaft und der Internetanwendungen. Dem landläufigen negativen Aspekt des zu hohen Energieverbrauchs der Internet-Rechenzentren und den Ressourcenverbräuchen im Bereich der Endgeräte steht eine signifikante wirtschaftliche Wertschöpfung in der Internet-basierten Wirtschaft entgegen. Weitere Nutzwerte der Internetanwendungen sind aber nicht-monetär und ökologischer Natur und in den Bereichen der Personen-, Güter- und Informationslogistik zu verzeichnen.


Im Winter 2017/2018 wurde am Information Management Institut an der Hochschule Aschaffenburg eine mehrstufige Befragung von Professoren der Wirtschaftsinformatik sowie Vertretern von Unternehmen unterschiedlicher Branchen durchgeführt. Die Befragten sehen nennenswerte positive ökologische Effekte in den Bereichen der Personen-, Güter- und Informationslogistik. Aktuelle Schätzungen sehen dieses Potenzial jedoch noch nicht als ausgeschöpft an. 


Die Befragten sehen den Anteil der Arbeitnehmer mit Home-Office-Möglichkeit über einem Sechstel. Wenn an den geschätzten über 1,5 Arbeitstagen pro Woche für einen durchschnittlichen Nutzer von Home Offices der Weg zur Arbeit entfällt, bedeutet dies eine nennenswerte Entlastung des Pendlerverkehrs. Die langfristige Entwicklung der kommenden 5 bis 10 Jahre einen Anteil der Nutzer von Home-Office bei über 30 % – der Anteil der eingesparten Pendlerfahrten wird sich auf über 2 Tage einpendeln. Der Anteil der Termine und Meetings, die „früher“ mit einer Reise verbunden waren und derzeit durch internetbasierte Tools (wie z.B. Skype) durchgeführt werden, beträgt ca. 35 %. Die Experten sehen für die langfristige Entwicklung der kommenden Jahre einen wachsenden Anteil virtueller Meetings; dieser wird sich auf über 50 % erhöhen.


Die Einschätzungen konvergieren gut für den privaten Bereich der Güterlogistik; offenbar wird im Online-Handel ein ökologisch günstiges Szenario vermutet. Die Fahrten für private Einkäufe haben sich für die Befragten um über 25 % reduziert. Die individuelle traditionell papiergebundene Informationsbeschaffung
(Zeitungen, Bücher) ist stark relativiert – der Anteil der Informationenbeschaffung  durch internetbasierte Quellen wird bei über 75 % sowohl der beruflich und gewerblich benötigten Informationen als auch der privat benötigten Informationen gesehen. Die Einschätzung entspricht der landläufigen Meinung, dass „das Internet“ zur absolut dominierenden – alternativlosen – Quelle universeller Informationen geworden ist.


Fazit
Das Internet hat heute eine signifikante Rolle in deutschen Unternehmen und auch in privaten Haushalten eingenommen. Durch die Internetwirtschaft kommt es zu einer massiven Einsparung von Ressourcen. Dies zeigt sich in der Personen-, Güter- und Informationslogistik. Wie die Befragung zeigt, ist beispielsweise das Potenzial von Home-Office-Arbeitsplätzen noch längst nicht ausgeschöpft und es wird für die kommenden Jahre ein signifikanter Anstieg des Anteils der Arbeitszeit, die im Home-Office erledigt werden kann, prognostiziert. Da dies technisch aber auch heute schon vielfach ohne weiteres möglich wäre, gilt es die Rahmenbedingungen und insbesondere Hemmnisse näher zu betrachten. Neben der reinen technischen
Voraussetzungen, die etwa durch cloudbasierte Datenhaltung realisiert wird, spielen rechtliche und soziale Aspekte eine wichtige Rolle.


Die Akzeptanz von Telekonferenzen oder auch papierloser Prozesse bringt eine Reduktion der klassischen umweltbedingten Emissionen mit sich. Es darf aber nicht vergessen werden, dass eine verstärkte Nutzung des Internets einen Anstieg des Energieverbrauchs zur Folge hat. Das untermauert, dass eine Diskussion über die Effizienz einzelner Elemente der Internetwirtschaft definitiv sinnvoll ist. Nicht verkannt werden darf, dass den Energieverbräuchen der Internetinfrastruktur Energieeinsparungen durch die Anwendung der  Internetdienste in der „normalen“ Wirtschaft gegenüberstehen. Hier sind weitere bilanzierende Betrachtungen angezeigt. Nichtsdestoweniger sind im Bereich der in der Freizeit genutzten Internetdienste die Nutzwerte nicht-monetärer Natur – Teile der Internetnutzung machen einfach „Spaß“ und dienen dem Vergnügen der Benutzer. Für solche speziellen „Vergnügungsprodukte“ spielen ökologische Diskussionen eine eher unterordnete Rolle.

Ansprechpartner

Prof. Dr.-Ing. Georg Rainer Hofmann
Hochschule Aschaffenburg
Würzburger Str. 45
63743 Aschaffenburg
06021 4206 700
georg-rainer.hofmann@h-ab.de
www.h-ab.de


 

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