Z! Das Zukunftsmagazin im Gespräch mit Dr. Thomas Freser-Wolzenburg

Dr. Thomas Freser-Wolzenburg hat am 1. August seine Stelle als Geschäftsführer der ZENTEC angetreten. In unserem Interview wollen wir ihn kennenlernen, auf seine strategische Ausrichtung bei ZENTEC eingehen und beleuchten, welche Projekte in der nahen Zukunft konkret angegangen werden.


Ihr Lebenslauf liest sich recht „technisch-industriell“. Was hat Sie bewogen für eine Wirtschaftsförderung tätig zu werden?
Vor meiner „industriellen“ Zeit – die rund 20 Jahre andauerte – war ich 16 Jahre im wissenschaftlichen Kontext unterwegs. Meine Erfahrungen aus beiden Welten kann ich hier perfekt einbringen: Menschen und Ideen miteinander verbinden, Industrien anschieben und die dringend notwendige digitale und nachhaltige Transformation begleiten. Ich bin neugierig auf neue Technologien und kann über die ZENTEC in vielen Bereichen durch Netzwerkbildung eine Hebelwirkung entfalten.

Sie sind seit Anfang August für die ZENTEC tätig. Die ersten 100 Tage sind nun vorbei. Welche Erkenntnisse konnten Sie schon gewinnen?
Treiber unserer Arbeit wird die oben genannte Transformation sein. Innovative Technologien wie Wasserstoff als nachhaltiger Energieträger sollen in der Region stärker Fuß fassen. Hier kann und werde ich mein vorhandenes Netzwerk aktivieren und mit Partnern aus der Region zusammenbringen. Ein für mich relativ neues Feld ist das Regionalmarketing. Ich möchte verstehen, wie die Bevölkerung den Bayerischen Untermain wahrnimmt und was wir dazu beitragen können, die Region als Wirtschafts- und Kulturraum zu entwickeln. Daneben stehen für uns einige Veränderungen in der Gesellschafterstruktur an. Die Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau und die Sparkasse Miltenberg fusionieren und die Gemeinde Großwallstadt wird aus der Gesellschafterriege aussteigen.

Jede Führungskraft ist individuell. Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Ich pflege einen kooperativen Führungsstil und verstehe mich mehr als Coach und Mentor. Die gesteckten Ziele soll jeder Mitarbeitende eigenverantwortlich erreichen, und mir ist wichtig, dass offen und ehrlich kommuniziert wird, wo wir stehen. Erst am Ende der Frist zu erfahren, dass der Meilenstein nicht erreicht wird, ist da keine Option. Wir wollen und müssen transparent gegenüber unseren Stakeholdern auftreten.

Welche grundsätzliche strategische Ausrichtung schlagen Sie für ZENTEC ein? Hat sich diese nun verändert?
Im Bereich Regionalmarketing und Unternehmensgründung sind wir im Grunde gut aufgestellt. Wir möchten, dass die ZENTEC (auch wieder) stärker im Bereich Innovationsmanagement agiert und als zentraler Ansprechpartner für innovative Technologievorhaben in der Region wahrgenommen wird. Dazu ist es notwendig, dass wir bestehende Netzwerke einbinden - denn Technologieprojekte können nur ihre maximale Wirkung entfalten, wenn sie im Verbund mit Herstellern, Anwendern und der Forschung vorangetrieben werden.

Welche Kompetenzen bringen Sie ins ZENTEC-Team ein?
Meine Stärke liegt darin, dass ich an Technologien unvoreingenommen herangehe, neudeutsch open minded. Ich kann Methoden zur Ideengenerierung sicher anwenden und dessen oftmals komplexen Output fachübergreifend und ganzheitlich zusammenbringen. Im nächsten Schritt steht an, Partner für die Umsetzung zu gewinnen und diese dann so zu koordinieren, dass ein marktreifes Produkt entstehen kann. In der Vergangenheit habe ich bereits mehrfach Produkte von der ersten Idee bis zur Serienreife geführt. Diese Kompetenzen möchte ich bei ZENTEC einbringen.

Als „Neuankömmling“ in der Region haben Sie sicher einen wertvollen Blick von außen auf die Region, der den Einheimischen verwehrt ist. Welche Stärken der Region nehmen Sie wahr?
Berufsbedingt hatte ich schon länger Kontakt zu einigen Unternehmen in der Region, vorwiegend aus dem Bereich Automation. Dabei ist mir aufgefallen, dass es wirklich noch eine starke industrielle Prägung hier gibt und gleichzeitig eine hohe Lebensqualität hinsichtlich Familie und Wohnen. Die Natur liegt quasi vor der Haustür, genauso wie attraktive Arbeitgeber. Und in weniger als einer Stunde ist man am Flughafen Frankfurt, einem der größten und wichtigsten Drehkreuze in Europa. Ich bin mir nicht sicher, ob dies der Bevölkerung hier am Untermain bewusst ist.

Als Wirtschaftsförderungseinrichtung gestalten Sie die Region mit. Welche Vision haben Sie für den Bayerischen Untermain?
Ich möchte, dass die Region Vorreiter für nachhaltige Industrien wird und das in allen Facetten der Nachhaltigkeit: Energetisch nachhaltig. Rohstoffseitig nachhaltig. Eine gute wirtschaftliche Basis in einer lebenswerten Region. Mit gut ausgebildeten Menschen. Diese Aspekte lassen sich nicht voneinander entkoppeln. Ich finde es wichtig, dass die Unternehmen nachhaltige Technologien anwenden, aber auch selbst Technologien und Strategien dazu entwickeln. Wer als Unternehmen keinen USP im Bereich Nachhaltigkeit hat, wird es auf Dauer schwer haben.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen am Bayerischen Untermain?
Die Überwindung der Zögerlichkeit und der Bedenken hinsichtlich der Transformation sind unsere größte Herausforderung. Dies ist ein übergreifendes Phänomen und betrifft nicht nur den Bayerischen Untermain. Wir müssen es schaffen, die Grundgeschwindigkeit der Transformation zu erhöhen. Dazu sind Unternehmen und Staat gleichermaßen gefordert und brauchen dabei jegliche denkbare Unterstützung. Die allgemeine wirtschaftliche Lage und der globale Wandel sollten Anlass genug sein, mutige Entscheidungen zu treffen und den Wandel zeitnah und kraftvoll anzugehen.

Wie möchten Sie diese Herausforderungen angehen? Wo kann ZENTEC aus Ihrer Sicht den Wandel unterstützen?
Es ist wichtig, für die zentralen Schlüsselindustrien regionale Netzwerke zu entwickeln. Da, wo bestimmte wichtige Knoten und/oder Kompetenzen im Netzwerk fehlen, müssen wir überregional tätig werden. Derzeit erfasse ich bei den Akteuren der Region die Bedarfe, schaue, wer die Treiber sind und welche Ansätze zur Zusammenarbeit sich daraus ergeben könnten. Mein Credo hier gemäß Aristoteles: Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile. Nur wenn wir es schaffen, die Keyplayer zusammenzubringen, kann Großes und ein Mehrwert für den Bayerischen Untermain entstehen. Darin sehe ich eine wesentliche Aufgabe für ZENTEC.

Einrichtungen wie die ZENTEC leben auch von Kooperationen. Welche Kooperationen wollen Sie verstärken?
Hier in der Region gibt es ganz ausgezeichnete Einrichtungen: Natürlich spielen die Kammern für uns eine große Rolle als Multiplikatoren. Dazu kommen das Digitale Gründerzentrum in Aschaffenburg und die Technische Hochschule Aschaffenburg. Besonders freue ich mich, dass mit dem Fraunhofer Institut IWKS in Alzenau und dem neu gegründeten Technologietransferzentrum NETZ in Alzenau Einrichtungen zu den Themen Ressourcenschonung und nachhaltige Energien vor Ort sind, mit denen ich mir gut die Anbahnung von Technologieprojekten vorstellen kann. Darüber hinaus schauen wir natürlich auch über den Tellerrand der Region hinaus, wenn es die Thematik eines Projekts erfordert.

Gibt es bereits konkrete Ideen für neue Projekte? In welchen Bereichen?
Ich sehe große Potenziale im Bereich der Wasserstofftechnologien. Hier sind wir dabei, ein entsprechendes Netzwerk zu initieren, an dem die Kommunen mit der AVG und den Wasserstofftankstellen, die Hochschule und Institute für den Forschungsbereich, die Industrie wie z. B. die Mainsite als Verbraucher und Produzent aber auch hochinnovative Unternehmen aus der Region für die Komponenten in der Anwendung vertreten sind. Wir glauben so ein umfangreiches und förderwürdiges Verbundprojekt etablieren und die Region als Hochtechnologiestandort für die Wasserstofftechnologie etablieren zu können. Natürlich würde sich dies in der Zukunft auch positiv auf den Arbeitsmarkt auswirken.

Auch ein Verbundprojekt zum Einsatz von KI in der Verkehrssteuerung (z. B. eine selbstlernende Kreuzung) kann in unserer Region Wirklichkeit werden. Ebenso sprechen wir mit den Unternehmen über weitere Themen wie Batterien und Industrie 5.0. Wir bringen Hersteller, Anwender und Forschungseinrichtungen an einen Tisch und ich bin überzeugt, wir werden schon bald weitere Projektideen mit Wertschöpfungspotenzial für die Region entwickeln.

Es steht im Raum, dass im neuen Jahr ein Umzug ansteht, sprich das Gründerzentrum als Immobilie aufgegeben wird. Wo geht die Reise für das Team der ZENTEC hin?
Die Förderung und Zweckbindung der Immobilie Industriering 7 in Großwallstadt ist in der Tat ausgelaufen. Der Eigentümer der Immobilie – die MIL Gründerzentrum GbR – hat diese nun kürzlich verkauft. Wir und die Mieter müssen bis Ende 2024 das Feld räumen. Wo wir uns dann ansiedeln werden, ist noch nicht ganz spruchreif. Derzeit laufen Verhandlungen mit unseren Gesellschaftern für einen energieeffizienten Neubau aus nachhaltigen Baumaterialien. Denn natürlich wollen wir nicht nur Nachhaltigkeit predigen, sondern auch selbst einen Beitrag leisten.

Inwieweit bleiben GründerInnen eine relevante Zielgruppe für die ZENTEC, wenn es dann kein Gründerzentrum mehr gibt? Wie wird das Engagement im Bereich Gründung in Zukunft aussehen?
In den letzten Jahren hat sich das Gründerverhalten grundlegend verändert: Wer gründen will und dafür ein Büro braucht, arbeitet in der Regel von zuhause. Hier hat auch Corona die letzten Bedenken gegen Homeoffice-Lösungen ausgeräumt. Gebraucht werden hin und wieder Besprechungsräume, die in jedem Co-Working-Space anzumieten sind. Reine Büroflächen werden von GründerInnen also aktuell bei uns nicht nachgefragt, das ist ein genereller Trend. ZENTEC wird aber weiterhin für JungunternehmerInnen für Beratung und Netzwerkveranstaltungen ein bewährter Ansprechpartner in der Region bleiben. Der GründerinnenTalk verzeichnet beispielsweise in den letzten Monaten starken Zulauf.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die ZENTEC wünschen?
Ich möchte, dass wir Innovationsmanagement und Wirtschaftsförderung zum Wohle der Region machen und wir als erster Ansprechpartner für diese Themen wahrgenommen werden.

Vielen Dank für das interessante Gespräch und viel Erfolg für Ihre Aktivitäten bei ZENTEC.

Das Interview führte Katja Leimeister, approdos consulting.


Kontakt

Dr. Thomas Freser-Wolzenburg
ZENTEC GmbH
freser-wolzenburg@zentec.de
www.zentec.de