Christiane Kleyna begleitet Menschen, Teams und Organisationen bei der Potenzialentfaltung – mit dem Ziel, wirksamer, emotional gefestigter und nachhaltiger durch die komplexe Arbeitswelt zu navigieren. Dabei geht es nicht nur um fachliche, sondern vor allem auch um emotionale Kompetenzen. Besonders in Krisenzeiten braucht es innere Stabilität, Klarheit und die Fähigkeit, sich selbst zu führen. Im Interview sprechen wir über Herausforderungen für weibliche Führungskräfte und die Chancen von Diversität in Unternehmen.
Frau Kleyna, Ihr Schwerpunkt liegt auf Female Empowerment, also der Stärkung von Frauen in Führungsrollen. Warum gerade dieses Thema?
Das hat viel mit meiner persönlichen Geschichte zu tun. Ich war lange Zeit in männerdominierten Organisationen tätig. Dort habe ich sehr direkt erlebt, wie herausfordernd es ist, als Frau
gleichwertig wahrgenommen zu werden. Hinzu kommt meine Herkunft – auch mein Elternhaus war sehr traditionell geprägt. Heute bin ich Mutter von zwei Töchtern und einem Sohn, die selbst ins
Berufsleben starten. Das motiviert mich zusätzlich, Strukturen zu verändern. Ich möchte, dass junge Frauen gar nicht erst mit denselben Einschränkungen kämpfen müssen wie ich, sowie unser
männlicher Nachwuchs erlernt, Frauen auf Augenhöhe wahrzunehmen.
Welche Hürden erleben Frauen konkret auf dem Weg in die Führung?
Es sind sowohl innere als auch äußere Hemmnisse. Viele Frauen kämpfen mit dem Gefühl, nicht gut genug zu sein – Stichwort Hochstapler-Syndrom1. Sie leisten oft 150 Prozent, um überhaupt
wahrgenommen zu werden. Gleichzeitig existieren strukturelle Barrieren: Die Frage nach Vereinbarkeit mit Kindern in Bewerbungsgesprächen ist noch immer Realität. Und leider erleben Frauen in
Führungspositionen häufig, dass sie auf Äußerlichkeiten reduziert oder im Vorfeld als „vermutlich bald schwanger“ aussortiert werden.
Welche Rolle spielt dabei das Verhalten von Frauen untereinander?
Eine nicht zu unterschätzende. Ich finde es traurig, wenn Frauen, die es nach oben geschafft haben, anderen Frauen den Aufstieg erschweren. Das passiert, weil viele selbst kämpfen mussten und
diesen Kampf dann – bewusst oder unbewusst – weitergeben. Mein Ansatz ist das Gegenteil: Frauen sollen sich gegenseitig stärken, sich ihre Erfolge gönnen und sich nicht vergleichen, sondern
inspirieren.
Sie sprechen viel von Empowerment. Wie funktioniert das konkret in Ihrer Arbeit?
Empowerment beginnt mit der inneren Haltung. Ich arbeite mit Frauen daran, die Opferrolle zu verlassen und sich als die Heldin ihrer eigenen Geschichte zu verstehen. Es geht um Mindset-Arbeit, um
Selbstführung und um die Fähigkeit, die eigenen Potenziale zu erkennen und mutig in die Welt zu bringen. Ich biete unterschiedliche Formate an – von Präsenz- und/ oder Onlineprogrammen für
unternehmensinterne Teams als auch offene Gruppen, regelmäßige Master Classes mit interessanten aktuellen Impulsthemen, bis hin zu individuellem VIP-Coaching und Just-in-Time-Begleitung bei
akuten Herausforderungen.
Können Sie ein Beispiel nennen, wie Empowerment konkret wirkt?
Ein besonders eindrücklicher Fall war während der Corona-Krise. Eine Unternehmerin stand kurz vor der Schließung ihres Betriebs. Mithilfe meines Coachings konnte sie sich auf ihre Stärken und das
bereits Aufgebaute besinnen. Diese emotionale Stabilisierung war entscheidend – heute steht das Unternehmen wieder wirtschaftlich gesund da. Ein anderes Beispiel ist ein Geschäftsführer, der ein
seit Jahren defizitäres Unternehmen übernommen und mithilfe von Coaching und emotionaler Klarheit saniert hat.
Wie definieren Sie Diversität im unternehmerischen Kontext?
Diversität bedeutet für mich, die ganze Vielfalt menschlicher Identitäten und Fähigkeiten sichtbar zu machen. Das umfasst nicht nur das Geschlecht, sondern auch Behinderungen, sexuelle
Orientierung, kulturelle Hintergründe und Vieles mehr. Es geht darum, nicht nur „inkludieren“ zu wollen, sondern konkret Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich alle Menschen gesehen und
wirksam fühlen – von barrierefreier Kommunikation bis hin zur Gestaltung von Arbeitsplätzen, die auch im Detail durchdacht sind. Mir ist bewusst, dass Unternehmen mit zusätzlichen Regularien und
Investitionen konfrontiert sind, die sich meines Erachtens lohnen und sicherlich durch individuelle Sondervereinbarungen abgesichert werden können.
Und welchen Nutzen hat das konkret für Unternehmen?
Vielfalt bringt neue Perspektiven und damit Innovation. Es reicht nicht, „bunte Bilder“ in Imagebroschüren zu drucken. Unternehmen profitieren dann, wenn sie Diversität ernst nehmen und sie in
ihre Führungskultur integrieren. Die Voraussetzung ist, dass das Management selbst offen ist und das Potenzial im Menschen sieht – unabhängig von Einschränkungen oder Herkunft.
Wie ist es aktuell um das Thema Diversity bestellt – Fortschritt oder Rückschritt?
Beides. Die meisten großen Konzerne haben Diversity-Abteilungen, häufig auch getrieben vom Zeitgeist. Kleine Unternehmen sind oft pragmatisch unterwegs und offen. Der klassische Mittelstand tut
sich häufig noch schwer. Gleichzeitig beobachte ich mit Sorge, dass sich durch das politische Klima Rückschritte abzeichnen. Die Rhetorik wird schärfer, patriarchale Muster kehren zurück. Manche
Unternehmen rudern sogar bei ihren Strategien zurück, aus Angst vor politischen Repressalien. Das ist ein alarmierender Trend. Gerade deshalb ist es jetzt wichtiger denn je, Initiativen wie das
EmpowerHER-Projekt mit Leben zu füllen, um ein starkes Zeichen für mehr Gleichstellung, Chancengerechtigkeit und nachhaltige berufliche Entwicklung in der Region zu setzen.
Was empfehlen Sie Unternehmen, die gerade erst anfangen, sich mit Diversity zu beschäftigen?
Holen Sie sich Unterstützung. Es gibt hervorragende Expertinnen und Experten, die begleiten können – von der Kommunikation bis zur Teamentwicklung. Wichtig ist: Veränderung braucht einen Impuls
von außen, damit innen Bewegung entsteht. Und: Führung beginnt bei der Selbstführung. Wer sich selbst kennt, kann andere besser führen.
Wie sieht für Sie die ideale Zukunft der Arbeitswelt aus?
Eine menschliche Arbeitswelt, in der Menschen mit all ihren Potenzialen, Fähigkeiten und Eigenheiten gesehen und wertgeschätzt werden. Ich wünsche mir Teams, in denen man sich gegenseitig
aufblühen lässt, in einem Klima des Wohlwollens und der gegenseitigen Unterstützung. Jeder Mensch soll ein Leuchtturm für andere werden können – das ist meine Vision.
Vielen Dank, Frau Kleyna, für die interessanten Einblicke und weiterhin viel Erfolg.
Das Interview führte Katja Leimeister, approdos consulting
Christiane Kleyna
Empower2Act
christiane.kleyna@empower2act.com
www.empower2act.com